Kratom Alkaloide – Mitragynin, 7-HMG & Co. erklärt
- Stefan Schmidt

- 28. Sept.
- 4 Min. Lesezeit
Kratom Alkaloide sind natürliche Indol- und Oxindol-Verbindungen aus den Blättern von Mitragyna speciosa. Dieser Artikel erklärt neutral Struktur, Vorkommen, Analytik, Metabolismus, rechtliche Aspekte und Qualitätsfragen rund um Kratom Alkaloide – sachlich, ohne Konsumbezug.

Was sind Kratom Alkaloide?
Kratom Alkaloide sind eine Gruppe überwiegend indolischer und oxindolischer Naturstoffe (z. B. Mitragynin, 7-Hydroxymitragynin, Paynanthein, Speciogynin, Speciociliatin). In der Literatur sind inzwischen >40 Alkaloide beschrieben; ihre Profile variieren je nach Genetik, Standort, Erntealter und Verarbeitung. PMC+1
🔬 Die „großen Vier“ im Überblick
Mitragynin (MG): Hauptalkaloid vieler Proben; strukturell ein Corynanthe-Indolalkaloid. ACS Publications
7-Hydroxymitragynin (7-HMG): Ein oxidiertes Derivat von MG; in Blättern meist in deutlich geringeren Mengen nachweisbar; pharmakologisch besonders potent an Opioid-Rezeptoren in Tiermodellen. ScienceDirect
Paynanthein & Speciogynin/Speciociliatin: Strukturverwandte Indolalkaloide, die das Gesamtprofil mitprägen; teils mit glatter Muskelaktivität/Spasmolytik-Hinweisen in In-vitro-Modellen. PMC
Wichtig: Dieser Text dient ausschließlich der Information & Aufklärung (Chemie, Analytik, Regulierung) – ohne Anleitung zur Einnahme oder Dosierung.
Analytik im Labor: Wie werden Kratom Alkaloide gemessen?
Moderne Analytik nutzt HPLC-UV, LC-MS/MS oder NMR zur Identifizierung und Quantifizierung. Referenzstandards erlauben die Kalibrierung von Mitragynin & Co., während Tandem-Massenspektrometrie (MS/MS) isomere Signaturen trennt. Vollständige Panels überprüfen zusätzlich Schwermetalle, Mikrobiologie, Pestizide und Lösungsmittelrückstände – relevant für Produktsicherheit außerhalb eines Konsumbezugs (z. B. für Materialprüfung oder Forschung). ACS Publications
Pharmakologie in Kürze – ohne Heilsversprechen
In präklinischen Studien zeigt Mitragynin Affinität zu Opioid-Rezeptoren (μ/δ/κ) und nicht-opioiden Targets; 7-HMG gilt dort als potenter an μ-Rezeptoren. Gleichzeitig können in-vitro Daten Hinweise auf CYP-Enzyminteraktionen (z. B. CYP3A4, CYP2D6) liefern. Das sind Labor-/Tierdaten, deren Übertragbarkeit auf den Menschen limitiert ist; eine sichere therapeutische Einordnung ist offen und Gegenstand laufender Forschung. PMC+2Frontiers+2
Verarbeitung & 7-HMG: Warum die Herstellung zählt
7-HMG ist chemisch ein oxidiertes Mitragynin-Derivat. Es kann biogen in geringen Mengen vorkommen und metabolisch (im Organismus) entstehen; in manchen Extrakt-Produkten sind erhöhte 7-HMG-Gehalte berichtet. Debatten um Konzentrate und angereicherte Produkte betreffen daher v. a. Herstellpraxis und Kennzeichnung – nicht das rohe Pflanzenmaterial per se. Regulatoren und Fachartikel weisen in diesem Kontext auf Risikopotenziale (z. B. Abhängigkeit, Toxizität) hin; die Datenlage ist heterogen und im Fluss. ACS Publications+2ScienceDirect+2
Metabolismus & mögliche Wechselwirkungen (wissenschaftlicher Überblick)
Mehrere Studien legen nahe, dass CYP3A4 maßgeblich am Metabolismus von Mitragynin beteiligt ist; auch CYP2D6/CYP2C9 werden genannt. In-vitro konnte CYP-Inhibition beobachtet werden. Aus solchen Daten entstehen theoretische Wechselwirkungsrisiken – keine individuelle Therapieempfehlung. Klinische Relevanz ist kontextspezifisch und erfordert ärztliche Bewertung. ScienceDirect+2PMC+2

Sicherheits- & Gesundheitsaspekte (ohne Konsumbezug)
Fallberichte/systematische Reviews beschreiben Einzelfälle von lebertoxischen Verläufen bis hin zu Transplantationsbedarf, daneben neurologische und kardiovaskuläre Ereignisse – häufig mit Mehrfachfaktoren (z. B. Mischkonsum, Vorerkrankungen, Produktqualität). Behörden (z. B. FDA/DEA) kommunizieren Warnhinweise; gleichzeitig fordern Forschende bessere Qualitäts- & Expositionsdaten. Für den D-A-CH-Raum gilt: Kennzeichnung, Altersbezug, Produktsicherheit & Transparenz sind zentrale Standards – unabhängig vom Verwendungszweck. PubMed+2ScienceDirect+2
Qualität & Transparenz: Was Shops (ohne Konsumbezug) leisten können
Chargen-Dokumentation: Rohstoffherkunft (Region, Erntefenster), Verarbeitung (Trocknung, Siebung).
Laborprüfungen (Materialprüfung): Alkaloidprofil (MG, 7-HMG, Nebenalkaloide), Schwermetalle, Keime, Pestizide, Lösungsmittel.
Seriöse Kommunikation: Keine Heilsversprechen, keine Dosierungsangaben; klare Hinweise zu Alter, Zweck (z. B. Räucherwerk/Forschung), kontextbezogene Sicherheit.
Nachhaltigkeit: Lieferkette, Kleinchargen für Frische, schonende Verpackung.
(Anmerkung: Ihr veröffentlicht keine Analysedokumente mit Konsumbezug. Interne Prüfberichte können dennoch der behördensicheren Material-/Qualitätssicherung dienen.)
Rechtslage – grobe Orientierung (ohne Rechtsberatung)
Die Einstufung von Kratom-Produkten unterscheidet sich international stark (von frei handelbar bis zu Verboten). Im EU-Kontext sind Produktkategorie, Kennzeichnung und Werbeaussagen entscheidend. Insbesondere gesundheitsbezogene Angaben sind streng reglementiert; Heil-/Wirksamkeitsversprechen sind zu vermeiden. Für Details gilt: Standortbezogene Rechtsberatung einholen und Regel-Updates beachten. (Dieser Abschnitt ist bewusst allgemein, da nationale Details variieren und sich ändern können.)
Warum unterscheiden sich Kratom Alkaloide zwischen Sorten & Chargen?
Genetik & Herkunft: Ökotypen (z. B. Borneo, Sumatra, Kalimantan) zeigen unterschiedliche Profile.
Erntealter & Blattposition: Junge vs. reife Blätter, Aderung/Farbklassifizierung sind kein verlässlicher Chemie-Proxy.
Verarbeitung: Trocknungsdauer, Temperatur, Licht/Sauerstoff-Exposition (potenzielle Oxidationsprodukte).
Lagerung: Luftfeuchte, Temperatur, Lichtschutz (Qualitätsstabilität des Alkaloidprofils). ACS Publications
Checkliste für verantwortungsvolle Anbieter (ohne Konsumbezug)
✅ Fokus auf „Kratom Alkaloide“ im Laborprofil (MG, 7-HMG, Nebenalkaloide)
✅ Volle Sicherheitsprüfung (Schwermetalle, Keime, Pestizide, Lösungsmittel)
✅ Seriöse Texte: keine Dosierung, keine Heilsversprechen, klare Zweckbestimmung
✅ Transparente Lieferkette & Nachhaltigkeit
✅ Rechts-Review für EU-konforme Kennzeichnung & Claims
Forschung im Wandel: Chancen & Grenzen
Einige Arbeiten diskutieren strukturchemische Chancen kratom-abgeleiteter Leitstrukturen (z. B. biased agonism, partielle Agonisten) – ohne dass daraus eine Therapieempfehlung abgeleitet werden darf. Klinisch robuste Daten (randomisiert, kontrolliert, standardisierte Präparate) fehlen weitgehend; hochwertige Forschung ist weiterhin nötig. PMC+1
Fazit
Kratom Alkaloide sind chemisch gut charakterisierbar, analytisch zuverlässig messbar und je nach Herstellung/Lagerung unterschiedlich verteilt. Für Anbieter im EU-Kontext stehen Qualitätssicherung, Transparenz und rechtskonforme Kommunikation im Vordergrund – ohne Konsumbezug und ohne Heilsversprechen. Die Forschung entwickelt sich weiter; bis robuste klinische Daten vorliegen, gilt: sachliche Aufklärung statt Hype. ACS Publications+1
📚 Quellenangabe
León F. et al. (2021): Activity of Mitragyna speciosa Alkaloids at Receptors. ACS Chem. Neurosci. (Open Access). PMID: 35720754. PMC
Flores-Bocanegra L. et al. (2020): The Chemistry of Kratom. J. Nat. Prod. DOI: 10.1021/acs.jnatprod.0c00257. ACS Publications
Obeng S. et al. (2021): μ-Opioid Receptor Pharmacology of Mitragynine. Front. Pharmacol. (Open Access). PMC
Tanna R.S. et al. (2021): Pharmacokinetic Kratom-Drug Interaction Predictions. Drug Metab. Dispos. (Open Access). PMC
Schimmel J. & Dart R. (2020): Kratom Liver Injury – Review. Pharmacotherapy. PMID: 31919755. PubMed
Dasgupta A. et al. (2024): Severe Jaundice with Liver Failure after Kratom. Int. J. Surg. Case Rep. ScienceDirect
Matsumoto K. et al. (2004): Antinociceptive Effect of 7-HMG in Mice. Life Sciences. DOI: 10.1016/S0024-3205(03)01166-4. ScienceDirect
Melchert P.W. et al. (2024): In-vitro Metabolism of Mitragynine (CYP3A4). Chemico-Biological Interactions. ScienceDirect
Smith K.E. et al. (2023): Kratom Alkaloids – A Blueprint? ACS Pharmacol. Transl. Sci. (Open Access). PMC
Smallets S.E. (2025): Acute Adverse Health Effects of Kratom – Review. Front. Pharmacol. (Open Access). Frontiers









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